Wie Ihr alle wisst, sind wir eigentlich voll ausgelastet mit unserer „Streetworker-Arbeit“ für die Straßentiere in Kusadasi. Doch nun scheint es dort gewaltig voranzugehen …
Seit einigen Monaten bekommen wir immer wieder von einer Dame 100 € gespendet, von denen wir für die Tiere im Tierheim ebenfalls Futter kaufen sollten, was wir auch taten. So kam es, dass Angelika nun mindestens einmal im Monat zum Tierheim fuhr, um das Futter – insgesamt 30 Säcke - dort hinzubringen.
Natürlich geht man bei diesen Besuchen nicht blind durch das Tierheim. Man sieht schon, wie es geführt ist, was vorhanden ist und auch, was – meist dringend – gebraucht wird und woran es absolut fehlt.
Als die Dame dann selbst bei einem Türkei-Besuch ins Tierheim ging, gab sie Angelika weitere 150 €, um Parasitenmittel zu kaufen. Auch das geschah und so kam Angelika mehr und mehr mit den im Tierheim arbeitenden Tierärzten und Tierpflegern ins Gespräch.
Mit den Tierärzten, die sehr engagiert sind, jedoch nur wenige Möglichkeiten haben, die Tiere zu behandeln bzw. zu operieren, war schnell ein gutes Verhältnis gefunden.
Um die Katzen, die nur Erde in den Katzentoiletten hatten, das Leben zu verbessern und sie vor Krankheiten, die auch durch die Bakterien etc., die mit der Erde ins Katzenhaus gebracht werden, zu schützen, bestellten wir zunächst 1.000 l Katzenstreu und ließen diese ins Tierheim liefern. Darüber berichteten wir bereits.
Hiernach folgte der Spendenaufruf für die Scalibor-Halsbänder, damit es auch den Hunden besser geht. Denn sie leiden massiv unter Floh- und Zeckenbefall und werden auch ständig von den Mücken belästigt. All diese „netten kleinen Tierchen“ verbreiten natürlich auch wieder immense Krankheiten, die mit den Halsbändern gar nicht erst entstehen.
Dank der vielen eingegangenen Spenden, für die wir uns an dieser Stelle nochmals ganz, ganz herzlich bedanken, können wir die benötigten 250 Halsbänder zur Verfügung stellen.
Der Spendenaufruf endete am 4. Mai 2019 und eigentlich wollten wir die Halsbänder dann direkt Anfang der darauffolgenden Woche bestellen. Montags wurden noch die Bestellformalitäten mit unserem Händler geklärt, da die Halsbänder per Cargo geliefert, aber auch dort bezahlt werden müssen. Also wird die Lieferung nun in 3 Etappen an 3 aufeinander folgenden Tagen erfolgen, da die Cargo-Firma nicht mehr als 5.000 TL annehmen darf.
Nachdem das geklärt war, wollte Angelika die Halsbänder am Dienstag vergangener Woche bestellen, als sie kurz vorher die
Information erhielt, dass sich die Leitung des Tierheims geändert hat! Mit dem vorhergehenden Amtsveterinär war alles abgesprochen, aber wer der „Neue“ denn nun sein würde und ob er ebenfalls mit
uns an einem Strang ziehen würde, war unklar. Also musste dies erst einmal geklärt werden, bevor die Bestellung in Auftrag gegeben wurde. Zudem ist zwar noch immer Aydin für das Tierheim
zuständig, verwaltet wird es nun aber von der Stadt Kusadasi und hier vom Bürgermeister, der ebenfalls erst neu gewählt wurde und frisch im Amt war.
Es stellte sich dann aber heraus, dass sich der Kreis wieder einmal schließt, denn der neue Chef-Veterinär ist Erdinc.
Erdinc machte vor 25 Jahren sein Praktikum bei Nevzat in der Praxis. Er und Angelika kennen sich ebenso lange; zusammen haben sie damals Erdinc‘ erste Katze eingefangen (die sich postwendend aus einer dieser Billig-Transportboxen befreite und er nur noch den Henkel der Box in der Hand hielt). Er freute sich sehr, Angelika wiederzusehen.
Zudem ist Erdinc sehr engagiert und als Angelika ihn zu seiner Meinung zu den Scalibor-Halsbändern fragte, war er begeistert.
Bei diesem Gespräch gingen Angelika und der Tierarzt auch durch das Tierheim und schauten sich die Tiere an. Im Moment gibt es dort massenhaft Kitten – von ganz klein bis ein wenig größer. Erdinc stellte auch fest, dass einige der Muttertiere völlig „trocken“ waren, also gar keine Milch mehr für die Kitten haben. Er selbst möchte eigentlich vermeiden, dass Katzen im Tierheim sind, denn die Infektionsrate – gerade für die Kleinen - ist doch recht hoch. Zudem bringt es überhaupt nichts, die erwachsenen Tiere im Tierheim festzuhalten. Nach erfolgter Kastration können diese auch direkt wieder in die Freiheit entlassen werden.
Das Problem ist jedoch, dass es im Tierheim kein Kittenfutter und keine Welpenmilch gibt und das Futter für die erwachsenen Katzen können die Kleinen noch gar nicht fressen.
Diesem Gespräch folgte dann ein Telefonat mit Angelika und wir beschlossen kurzerhand, dass Angelika für die Kitten „shoppen gehen“ sollte. Insgesamt erstand sie 2 x 15 kg Kitten-Trockenfutter und 384 Beutel á 100 g Kittennassfutter.
Dieses Futter nahm sie am Samstagmorgen mit ins Tierheim, denn dort sollte es am Mittag noch eine kleine Einweihung geben.
Als sie im Tierheim ankam, war Tierarzt Sami schon Feuer und Flamme. Er wollte unbedingt zusammen mit Angelika das Katzenhaus fein machen. Da es eine große Holzkiste gab, die die Katzen als Toilette nutzen, die aber natürlich nicht zu reinigen war, brachte Angelika eine feste Plane mit, in die die Kiste zunächst eingewickelt wurde. Auch wurden weitere kleinere Katzentoiletten aufgestellt und im Raum verteilt, denn die Kleinen müssen immer, wenn sie wach werden und weite Wege laufen ist dann nicht. Dann geht es „in die Hose“ bzw. auf den Boden oder die Bettchen. Auch frische Decken gab es natürlich.
Zum guten Schluss hatte Angelika auch noch einige Futter-Bars mitgebracht. Da die Kleinen beim Fressen immer so hektisch sind, fliegen normale Näpfe oftmals durch den Raum und der Inhalt verteilt sich, so aber stehen sie um vieles fester.
Also wurden die Näpfe in der Futterbar gefüllt und das große Schmatzen begann. Als alle dann gesättigt waren, meinte Sami zu Angelika: „Ist das nicht eine göttliche Ruhe, wenn alle einmal satt sind?“
Später saßen alle zusammen am Tisch und sprachen über alte Zeiten. Erdinc bedankte sich auch nochmals für das Kittenfutter. Er meinte: „Endlich mal jemand, der mitdenkt, versteht und handelt.
Natürlich wurden auch die Katzen in den weiteren Stationen versorgt:
Auch bei den Hunden war alles sauber und ordentlich:
Um die Mittagszeit erschien dann auch der neue Bürgermeister Ömer Günel, um die neue „Haybulans“ (eine Ambulanz für Tiere) offiziell einzuweihen. Dabei waren etliche Anwohner und Helfer aus Kusadasi wie auch von den beiden örtlichen Tierschutzvereinen.
Wie es dann immer so ist, versuchte der/die eine oder andere Teilnehmer/in auf andere Themen umzulenken, denn schließlich ist der Bürgermeister ja jetzt im Moment da. Darauf ließ sich der gute Mann aber keineswegs ein, sondern konterte, das wäre nun kein Thema für diesen Termin. Hier wolle er lediglich die Haybulans vorstellen und keine Diskussionen zu anderen Themen führen. Er drehte sich dann herum und ging von dem Sonnendach, unter dem er stand, zur Haybulans und machte mit seiner Ansprache weiter.
Angedacht ist es, dass die Haybulans 24/7 erreichbar und ein Fahrer in Bereitschaft ist. Sollte also ein erkranktes / verunfalltes Tier gemeldet werden, fährt der Fahrer los, holt einen der nun 4 im Tierheim beschäftigten Tierärzte ab und fährt mit ihm zu dem Tier zur Erstversorgung.
Sollte es sich jedoch um einen schwerwiegenderen Fall handeln, so kann der Tierarzt zwar die Erstversorgung vornehmen, jedoch mangels Ausstattung im Tierheim (keine richtige OP-Ausstattung außer für Kastrationen oder kleinere Eingriffe, kein Röntgengerät etc.) gar nicht wirklich helfen. Hier ist es dann angedacht, dass das Tier am nächsten Tag nach Aydin in die dortige Universität gebracht wird.
Das ist natürlich nicht machbar. Man stelle sich vor, ein Tier verunfallt am Freitagabend und wird dann erst am Montagmorgen nach Aydin gebracht, da ja Wochenende ist. Oder aber ein schwer verletztes Tier muss eine ganze Nacht überstehen, bis es richtig behandelt oder operiert werden kann.
Also bat Erdinc, ob er Notfalltiere zu Nevzat bringen dürfe, was Angelika mit „ja“ beantwortete.
Ferner sollen im Tierheim nun wieder kostenlose Kastrationen von Straßentieren durchgeführt werden. Auch dieser Gedanke ist noch nicht ganz ausgereift, denn wie üblich liegt das Tierheim weiter draußen und viele reisen mit dem Dolmus und dem zu kastrierenden Tier an. Der zeitliche Aufwand – immerhin muss das Tier gebracht und später auch wieder abgeholt werden; man fährt die Strecke also immer zweimal – und auch der Kostenfaktor für den Dolmus, den die Anwohner selber tragen müssen. Dafür sollte noch eine Lösung gefunden werden.
Zum Abschluss der Veranstaltung teilte der Bürgermeister dann mit, dass er sich mit der Tierärztekammer, den örtlichen Tierärzten und auch den Tierschützern zusammensetzen möchte, um in Erfahrung zu bringen, wer welche Wünsche und Vorstellungen hat. Die Zusammenkunft der Tierschützer findet nun am 24.05.2019 statt. Angelika wird selbstverständlich ebenfalls für Sunnydays daran teilnehmen.
Die Haybulans war gestern und heute übrigens schon im Einsatz:
Gestern ging es um einen Hund, der angeschossen wurde. Da Aydin zu weit war, fuhr die Haybulans das erste Mal vor Nevzat’s Klinik vor. Dieser Hund war auch von einem anderen Tierarzt untersucht worden, jedoch hatte er übersehen, dass es – eigentlich – nicht um die alte und neue Schussverletzung ging, sondern vielmehr um eine äußerst schmerzhafte Spondylose handelte. Eine Spondylose stellt eine degenerative Skeletterkrankung dar und erinnert in vielerlei Hinsicht an Morbus Bechterew beim Menschen. Leidet ein Hund an Spondylose, verknöchern dessen Wirbelzwischenräume zunehmend. Der gallertartige Kern seiner Bandscheibe schrumpft, da dessen Wassereinlagerungen verloren gehen. Der Hunde konnte sich kaum noch und wenn nur unter massivsten Schmerzen bewegen. Nevzat sah dies auf der Röntgenaufnahme sofort, da er sich nicht nur auf die Schussverletzungen konzentrierte.
Heute hingegen ging es um einen Hund, bei dem man nicht wusste, ob sein Bein gebrochen war. Er wurde in der Praxis geröntgt.
Aber es gab noch zwei weitere Punkte, die uns den neuen Bürgermeister entschieden sympathisch machen:
Zum einen sprach er auf der Veranstaltung die Teilnehmer insgesamt an und äußerte, dass er es nicht verstehen würde, warum immer wieder Falschmeldungen in den sozialen Netzwerken verbreitet würden. Hintergrund war wohl, dass kürzlich wieder einmal Horrorbilder aus dem Tierheim Kusadasi veröffentlicht wurden, die schon ewig alt sind. Natürlich stürzten sich alle wieder darauf und jeder meinte, wie schrecklich es im Tierheim sei. Er bat darum, doch bitte erst einmal das Hirn einzuschalten, bevor man den Mund aufmache oder aber sich vorab selbst ein Bild zu machen und das Tierheim zu besuchen.
Zum anderen hat er gestern, am 14.05.2019, die armen und meist halb verhungerten Pferde, die Kutschen und Arbeitswagen ziehen, in Rente geschickt. In Kusadasi ist es seit gestern verboten, solche Pferdewagen einzusetzen.
Ihr seht also, insgesamt tut sich in Kusadasi gewaltig etwas! Wir werden selbstredend mit Rat und Tat zur Seite stehen und unser Wissen und KnowHow einbringen.
Unsere Arbeit in Kusadasi wird auch zukünftig nicht weniger werden, sondern sich eher noch ausweiten.
Morgen wird Angelika wieder ins Tierheim fahren – mit den beiden ersten Lieferungen an Scalibor-Halsbändern.
Die 4 Tierärzte vor Ort warten schon begeistert darauf, endlich loslegen und den Hunden die Halsbänder umlegen zu können – gemeinsam und im Team!