Reisebericht über die Fahrt nach Rumänien

 

Ein etwas anderer Reisebericht über Nicola's Reise zum Team APAM in Rumänien mit vielen tiefen Einblicken in das Leben der Tiere und des Teams vor Ort ...

 

 

Schon lange hatte ich mir vorgenommen, meine liebe kleine rumänische Familie und die Seelen auf 4 Pfoten mal wieder zu besuchen. War der letzte Besuch mittlerweile doch schon 3 Jahre her.

 

 

Durch die gravierenden Änderungen sowohl in meinem als auch im Leben der APAM-Familie war das Projekt APAM – Sunnydays  zwar nicht eingefroren in den letzten 3 Jahren, aber doch sehr reduziert und eingeschränkt weitergelaufen.

 

Ich bin berufsbedingt aus NRW nach Hamburg gezogen und musste hier erst einmal Fuß fassen und mich um die Familie und meine eigenen Tiere kümmern und nicht zuletzt natürlich die neuen Gegebenheiten als solche annehmen und meistern. Sunndays zog fast zeitgleich nach Hückelhoven um und auch bei Cristina gab es einige familiäre Umbrüche.

 

Victoria, Cristinas Mutter und Präsidentin von APAM, ist leider aus gesundheitlichen Gründen ebenfalls sehr einge-schränkt und dadurch auch nicht mehr so in der Lage, ihre vielen, vielen Blumen anzupflanzen, zu hegen und zu pfle- gen und vorzubereiten, damit ihr Mann Nicu diese auf dem Markt verkaufen kann.

 

 

Ein schlimmes Unwetter vor 2,5 Jahren hatte zudem nicht nur große Schäden an den Gehegen, sondern auch sehr große Schäden am Glashaus sowie den Pflanzen hinterlassen, so dass man hätte von vorne beginnen müssen.

 

 

 

 

 

Aber eben genau dieses Glashaus mit den vielen Topfblumen war seit je her  die Einnahmequelle der Familie  und des Tierschutzvereines nebst kleinem Tierheim gewesen.

 

 

Nichts desto trotz möchten wir natürlich unser aller Verantwortung der 4-Beiner von APAM gegenüber nicht außer Acht lassen und so stand also nun, nach über 3 Jahren, mal wieder ein  Besuch meinerseits in Rumänien an, um ein Bild der Lage zu bekommen und zu besprechen, was wir auch in Zukunft gemeinsam auf die Beine stellen können.

 


 

Am 14.06.2018 sollte es dann soweit sein. Natürlich hat das Leben in dieser wunderschönen Weltstadt Hamburg nicht nur Vorteile. Wir fühlen uns dort sehr wohl und sind ja auch nicht aus der Welt. Wenn es aber um einen Flug nach Rumänien geht ... tja, da war ich in NRW ja mehr als verwöhnt.

 

Wizz-Air fliegt von Dortmund nach Timisoara zum Top-Preis – von Hamburg aus gab es gar keinen Flug und über Umwege natürlich um ein vielfaches teurer. Also fuhr ich bereits am 13.06.2018 abends nach NRW, übernachtete dort bei einer Freundin, um dann am nächsten Morgen nach Dortmund zu fahren und von dort zu fliegen. Das heißt, wenn ich meine immer noch vorherrschende Flugangst überwinde.

 

Ich bin tatsächlich bereits einmal aus einem Flugzeug wieder ausgestiegen und einmal gar nicht erst eingestiegen. Ok, das war auch völlig berechtigt. Wir marschierten nämlich zum Flugzeug und ich machte den blöden Fehler, zum Piloten hochzusehen und was soll ich sagen? Der sah aus, als hätte er einen Tag vorher Konfirmation gehabt, aber nicht annähernd wie ein ausgewachsener, erfahrener Pilot. Ich geriet in Panik und ließ meinen Chef auf dem Rollfeld stehen. Er musste allein zum Termin fliegen.

 

 

Aber diesmal schien alles in Ordnung mit Flugzeug, Crew und Piloten. Iich hatte - wie immer - einen Platz am Gang und naja wirklich ungelogen ALLE Kleinkinder und Babies, die an Bord waren, saßen entweder in meiner Reihe oder um mich herum. Sie quengelten bis schrien ... Ich entschied trotz der Tatsache, dass ich Atheistin bin, dass kein Gott dieses Universums es zulassen würde, dass diesen lieben kleinen Menschenkindern irgendetwas zustößt und war auch dann recht beruhigt. Ich bin halt schon zweimal mit dem Auto nach Rumänien gefahren und der Unterschied von 15 Stunden Auto zu 2 Stunden Flug ist argumentativ unschlagbar.

 

In Rumänien  angekommen wurde ich bereits von Cristina und Paula, die mittlerweile schon 5 Jahre alt ist und bald in die Schule kommt, sehnsüchtig erwartet und in Empfang genommen. Von dort aus ging es dann über Land (da die einzige Autobahn in dem Gebiet völlig überlastet war – naja – sowas kennen wir ja) über viele Dörfer und kleine Städte und natürlich über Arad nach Minis.

 

Ich war schon auf dieser Fahrt wieder sehr schnell im Land Rumänien angekommen. Es ist ein sehr weitläufiges Land mit sehr vielen Feldern und ganz viel Natur. Im Sommer sehr sonnig und warm  auch jetzt waren es sicher 32 Grad, so dass die meisten Wiesen jetzt nicht grün waren, aber die viele Natur fällt halt auf. Wir fuhren durch kleine Dörfer, wo Menschen vor ihren Häusern (ok ich nenne es mal Häuser, in Deutschland würde man Hütten dazu sagen) auf kleinen Bänken saßen und mit sich und der Welt im Reinen schienen. Zwischendurch standen vereinzelt Kühe, Ziegen oder auch mal ein Pony da so angebunden rum. Diese dienen dort wohl vor der Tür als eine Art Rasenmäher - und zwischendurch immer wieder streunende Hunde. Aber hier in den ländlichen Gebieten scheinen sie niemanden zu stören. Sie wirkten auch allesamt weder unglücklich noch unterernährt. Das ist mir schon so oft hier aufgefallen und wurde auch jetzt wieder bestätigt.

 

 

Wenn man diese Tiere dort mal eine gewisse Zeit beobachtet, wird man feststellen, dass, wenn man sie in Ruhe da leben lässt, wo sie sind, ohne sie zu misshandeln, zu jagen oder gar zu töten, sie im völligem Einklang mit sich und der Umwelt leben.

 

Ich weiß noch, als ich vor ca. 9 Jahren zum ersten Mal dort war und bei jedem streunenden Hund fast einen Heulkrampf bekommen habe darüber, dass der ja so arm ist und so allein und wir müssen die jetzt alle mitnehmen. Wie schwer mir das gefallen ist – so oberflächlich betrachtet ohne das Wissen und die Beobachtungen, die ich in den letzten 9 Jahren sammeln konnte.

Die Hunde passen sich an und sie haben gelernt, wie und wo sie an Fressen kommen. Manche sind eher Jäger  und jagen ihr Futter auf Feldern und in kleinen waldähnlichen Gebieten Mäuse, Hasen, Vögel usw.

 

Auch das reichhaltige Früchte- und Nussangebot wird von ihnen gern genommen. Dort gibt es noch überall Obstbäume und Sträucher. Obstsorten, die dort wild wachsen, die man in Deutschland lange für suchen muss wie z.B, Mirabellen, Hagebutten, alle möglichen Beeren und Walnüsse, wohin man schaut.

 

Wir stellen auch bei APAM immer wieder fest, wie gern die Hunde dieses Frucht- und Nussangebot, was auch teilweise in ihren Gehegen wächst, nutzen oder sich auch hier und da mal einen Vogel schnappen und wir uns dann wundern: Wieso ist der oder die eigentlich so fett geworden? Bekommt doch normales Futter und auch nicht mehr als die anderen ...

 

 

Sicher kann man jetzt sagen: Aber die armen streunen da allein rum, haben niemanden, der sich um sie kümmert und sind immer ganz allein. Dem ist übrigens auch nicht zwangsläufig so. Wie sich in einigen Studien herausstellte, leben auch diese vermeintlichen Einzelgänger in ihrem Gebiet eigentlich in Rudeln.

 

In meiner Verantwortung im Bereich Auslandstierschutz und Vermittlung von Hunden habe ich nicht nur meine eigenen Erfahrungen gemacht in diesem Bereich, sondern mich auch stets weitergebildet; unter anderem auch in einigen Seminaren und Vorträgen zum Thema Auslandstierschutz und Straßenhunde und eben auch selbst erlebt und beobachtet. Das ist sowieso das wichtigste bei allem, was ich zum Thema Hund und Wolf gelernt habe: Beobachten und "Hunde gucken", wie Günther Bloch immer zu sagen pflegt und lernen.

 

Tagsüber gehen sie also streunen und suchen oder jagen sich etwas zu essen – so wie wir quasi jeden Tag arbeiten gehen. Es gab in Moskau mal eine Studie. Den verantwortlichen Beobachter und Leiter dieser Studie durfte ich beim letzten Wolfssymposium in Berlin kennenlernen und habe ihn speziell nach diesen Berichten noch mal genau ausgefragt, wo beobachtet wurde, dass die Streuner von außerhalb der Stadt morgens quasi wie zur Arbeit fuhren.

 

Ja, sie liefen nicht, sie fuhren und zwar mit der U-Bahn, stiegen dann hier und dort aus und gingen betteln und nach Essen suchen und fuhren dann abends immer zur gleichen Zeit wieder zurück. Die lagen dann so auf den Sitzen und die Leute ließen sie gewähren, als wäre es das Normalste von der Welt.

 

Den Hunden ging es wirklich gut und um nichts in der Welt hätten die ihr Leben mit einem unserer Haushunde getauscht. Leider wurden sie alle damals Opfer einer in diesen Ländern typischen Straßensäuberungsaktion. Wahrscheinlich war wieder eine WM oder ein Song-Contest und die mussten einfach weg. DAS ist leider die Kehrseite der Medaille: Man lässt sie eben nicht einfach dort und anstatt in Kastrationen zu investieren, um der Lage Herr zu werden, bringt man sie eben lieber irgendwann alle um. Wenn das nicht wäre, würde ich grundsätzlich dazu tendieren sich in die Thematik Straßenhunde nur noch in Form von Kastrationen einzumischen – denn wenn wir mal kurz zurückblicken  - quasi "back to the roots ..." so sind wir ja eigentlich auch Jäger und Sammler und nicht Versicherungskaufleute oder Maurer oder sonst was gewesen. Wir waren tagsüber unterwegs, haben Ausschau gehalten nach Essbarem und abends kam man dann zusammen.

 

So ist das bei den meisten Straßenhunden ähnlich. Sie kommen abends zu ihren Gesellschaftsplätzen zusammen, was sicherlich auch so eine Art Schutz vor anderen „Gangs“ ist. Natürlich gibt es auch Ausnahmen. Ich möchte das gar nicht zu sehr beschönigen, wo es dem einen oder anderen Hund eben NICHT gut geht – so erinnere ich mich z.B. an kleine Hündinnen innerhalb eines Rudels auf einem Feld, die nicht größer waren als 30 cm und in dem Rudel waren Rüden die jenseits der 60 cm lagen. Da diese Hündinnen nun nicht kastriert waren, wurden die natürlich während ihrer Hitze so dermaßen bedrängt und - nennen wir das mal beim Namen - vergewaltigt, dass man sich, als man sie mit ihren Welpen fand, nur wundern konnte, was für riesige Hunde diese später wurden. Deshalb ist die Kastration dieser Hunde auch ganz wichtig und zwar vorrangig vor dem in Deutschland so beliebten: wir-müssen-alles-retten-und-hier-her-schaffen,-was nicht-schnell-genug-weglaufen-kann.

 

Das halte ich sogar in vielen Situationen für bedenklich, um da mal meine Meinung kund zu tun, als jemand, der wirklich an der so genannten Front war und live gesehen hat, wie diese Hunde da so leben. Die meisten von ihnen sind mit ihrem Leben zufrieden und werden von den Anwohnern auch akzeptiert und sogar hier und da gefüttert, was sie natürlich erst Recht nicht dazu bewegt, dort abzuhauen. Man findet Hunde, die so dick sind, dass man beim Anblick des in der Mittagssonne mitten auf dem Marktplatz liegenden Körpers inmitten des dicksten Trubels nicht umhin kommt zu lachen, statt zu bedauern, dass er da so allein liegt.

 

Wer gibt uns denn das Recht zu entscheiden, dass der jetzt lieber eingefangen und erst mal in einem Tierheim untergebracht wird, bis man ihn dann in einen Transporter verfrachtet und nach Deutschland schleppt – eingesperrt in ein Haus oder gar eine Etagenwohnung und 3 x am Tag zum Spaziergang rauskommend oder wahlweise auch hier erst mal in ein Tierheim. Ja, wir haben in Deutschland sogar Tierheime, die darauf spezialisiert sind, Hunde aus dem Ausland aufzunehmen und damit Lücken zu füllen.

 

Ein Hund, der dieses Leben seit Jahren so führt, würde, wenn er sprechen und sagen könnte, was er will, ganz sicher nicht diesen Weg gehen wollen, auch wenn das bedeutet, dass er nicht 12 – 13 Jahre wird, sondern vielleicht nur 8, aber das ist es, was er kennt und das ist es, was er liebt – wie gesagt – solange man die Hunde in Ruhe lässt.

 

 

Anders sieht das natürlich mit Welpen aus, die noch nicht wirklich auf der Straße gelebt haben, aber die meisten, die dann nach Deutschland kommen, waren auch erst in einem Tierheim ohne wirkliche Menschenkontakte und - das muss dann jedem klar sein - mit absoluten Defiziten in den entscheidenden Prägephasen. Diese Tatsache wird von so vielen Menschen schlichtweg unterschätzt und dann landen sie eventuell als "schwierige Hunde" im Tierheim, auch wenn sie nicht gar auffällig geworden sind und ein Amtsveterinär mit den Worten: „das hat man dann davon, wenn man sich einen Hund aus dem Ausland holt“, eingeschläfert werden.

 

Das muss nicht so kommen, könnte aber – deshalb ist es so wichtig, bei der Wahl des Tieres eben genau hinzusehen und die Menschen, die es einem vermitteln und die, die es aufnehmen möchten, auch kennenzulernen.

Wir z.B. vermitteln auch gelegentlich, aber auch wir mussten in dieser Zeit einiges lernen in Bezug auf "die sind alle so dankbar". Nicht ohne Grund habe ich Jahre lang an Seminaren, Workshops und Vorlesungen bis hin zum Lehrgang zum Sachkundenachweis nach § 11 teilgenommen, um bei meiner Verantwortung als Vermittlerin auch wirklich in der Lage zu sein, Mensch und Tier adäquat zusammenzuführen und die Verantwortung auch übernehmen zu können, wenn eines der Tiere, egal aus welchem Grund, sein Zuhause verliert - und zwar bis an sein Lebensende. Dazu gehört für mich eben, dass man Hunde im Verhalten einschätzen kann und weiß, welche Menschen für genau diesen Hund gesucht werden müssen und umgekehrt. Eine Erfolgsquote von ca. 98% spricht dabei für sich. Wir gehen nicht los und fangen einfach wahllos die Straßenhunde ein und verbringen sie nach Deutschland. Wir retten in Not geratene Seelen unter ihnen – verletzte trächtige Mütter sind dabei keine Ausnahmen, so dass wir auch Welpen vermitteln – aber wir klären über die möglichen Risiken auf und schauen genau hin.

 

 

Diese Erfahrung ist es, die mich mittlerweile mit einem anderen, verklärten Blick auf die Hunde sehen lässt, die ich auf der Straße sehe. Ich freu mich über jeden, der glücklich seines Weges geht und hoffe, dass nicht irgendein Mensch ihm je etwas böses antun wird oder er einem Unfall zum Opfer fällt und wenn doch, dass sich dann jemand um ihn kümmert, so wie Cristina und Victoria es tun.

 

 

Hunde, die für mich unvermittelbar scheinen, bekommen bei APAM einen Gnadenbrotplatz, mit Hunden, wo wir glauben, dass die Defizite nicht so gravierend sind, wird natürlich auch gearbeitet - sowohl in Rumänien als auch nicht zuletzt  in unseren Pflegestellen in Deutschland.

 

 

 

 

 

 

So saß ich auch in diesem Jahr im Auto vom Flughafen nach Minis ins Shelter und beobachtete sie, die Hunde, die Menschen und ließ mich wieder auf das Land ein.

 

 

Besonders entzückt war ich auch über die vielen, vielen Storchennester in den Dörfern. In manchen waren direkt an der Straße auf den Strommasten 6 Stück zu zählen und alle waren bewohnt und alle hatten Nachwuchs. In einem konnte ich 3 schon beachtliche Küken sehen. Ich habe mich gefreut wie ein kleines Kind, wobei ich auch in Deutschland, in Schleswig-Holstein, bereits ein Storchennest gesehen habe. Sie sind also auch bei uns wieder ansässig, aber für mich waren sie immer etwas ganz besonderes. Im Geburtsort meiner Mutter gab es früher ein Nest mitten im Ortsinnern und wir waren immer so erstaunt und begeistert, wenn wir dort zu Besuch waren und weil meine Mama sie eben so liebte,  dass es für mich halt immer etwas ganz besonderes sein wird.

 

Hier auf dem Weg durch die Dörfer habe ich zweifelsohne an die 20 solcher Nester gezählt und jedes Mal erfreut versucht, sie zu fotografieren. Ich wünschte mir in diesem Moment, meine Mama könnte das sehen, leider ist sie im letzten Jahr verstorben. Sie wäre begeistert gewesen.

 

 

Cristina hingegen hat mich belächelt – ihr war nicht klar, dass sie bei uns so selten sind.

 

 

 

 

In Minis angekommen wurde ich von Victoria wie immer herzlich begrüßt und lernte direkt mal die kleine Selena kennen – ein Hundesonnenschein, so offenherzig voller Lebensfreude und sie darf über das komplette Anwesen frei rumlaufen und ihr Ding machen. Mein Herz hatte sie innerhalb der ersten 10 Sekunden schon erobert. Ich erfuhr, dass sie schwer verletzt aufgefunden wurde und dass APAM gebeten wurde, zu helfen, da sie trächtig war. Sie wurde ärztlich versorgt und gepflegt und brachte ihre Jungen im Shelter zur Welt. Einen ihrer Söhne durfte ich noch kennenlernen. Auch hier war der Nachwuchs um einiges größer als die kleine Selena und man konnte sich nur ausmalen, wie groß der Papa gewesen sein musste. Aber sie hat von ihrem sonnigen, überfreundlichem und kein bisschen ängstlichem Gemüt nichts verloren. Sie kann drinnen genau wie draußen mit Hunden mit Katzen und Kindern. Paula und sie waren super zusammen - kurzum: Ein traumhafter Familienhund, wie sich in den nächsten Tagen für mich herausstellte.

 

 

 

Wie immer wurde ich mit veganen Köstlichkeiten nur so verwöhnt. Als ich dann hörte, dass die Bohnen aus dem eigenen Anbau waren, freute ich mich noch mehr darüber.

Durch die Zerstörung sämtlicher Blumen und großer Teile der Gewächshäuser, verbunden mit ihrer Krankheit war Victoria nun leider immer mehr gehandicapt und Cristina musste mehr und mehr mit anpacken und beim Verdienen des Lebensunterhaltes mithelfen.

 

 

So ist das übrigens in Rumänien tatsächlich noch: Die Älteren passen irgendwann auf die Enkel auf und die Kinder verdienen das Geld. Ein Rentensystem, mit unserem vergleichbar, gibt es in Rumänien nicht wirklich. Dort muss praktisch jeder zusehen, wo er bleibt. Es ist ein armes Land mit vielen armen Einwohnern, die sich auf ein für wenig Geld erstandenes kleines Grundstück ein kleines Haus selbst bauen, da Miete später gar nicht zu bezahlen wäre. Sicher gibt es in der Stadt auch Menschen, die einfach einer täglichen Arbeit nachgehen und eine Wohnung gemietet oder gekauft haben, aber die Löhne sind wirklich sehr schlecht. Cristina erzählte, dass sie sich im Durchschnitt bei 300-400 EUR im Monat einpendeln würde und das würde man eigentlich schon für eine Wohnung in der Stadt bezahlen. Da fragt man sich natürlich: Wie machen die das?? Zumal .. wie leben die Menschen dort, wenn man mal bedenkt, dass die Preise in den Supermärkten sich kaum von unseren hier unterscheiden?

Mir ist aufgefallen, dass die Preise in den Restaurants in den kleinen Städten um einiges günstiger sind, als bei uns, aber in den größeren Städten wie Arad z.B. unterscheiden sich weder die Preise für Lebensmittel, noch für Kleidung großartig von unseren. Auf mein ungläubiges, fragendes Gesicht, wie das denn überhaupt gehen kann, meinte Cristina: „Tja – daher gibt es so viele arme Menschen hier in Rumänien. Mit normaler Arbeit kommst du da nicht weit.

 

Hier ist die Lücke derer, die nichts haben und sich in ihrem kleinen Garten am Besten die Sachen selbst anpflanzen und eventuell etwas davon verkaufen - oft vor der eigenen Tür. Ich habe das sehr oft gesehen, dass da ein Schild stand, wo Gemüse und Obst angeboten wurde und dies privat einer älteren Dame als kleine Einnahmequelle diente.

 

Das wiederum wäre bei uns ja so gar nicht denkbar. Der Fiskus stünde sicherlich 10 Minuten, nachdem man so ein Schild vor seinem Grundstück aufgestellt hätte vor der Tür und würde die Hände aufhalten. Mal davon abgesehen, dass das Ordnungsamt dann weitere 10 Minuten später alles dicht machen würde, weil nichts als Gewerbe angemeldet wurde und überhaupt, wo kämen wir denn dahin, wenn jeder vor seiner Tür einfach seine angebauten Früchte und Gemüse feilbieten würden...und das Gesundheitsamt...

 

 

Nein nicht auszudenken, teilte ich ihr mit. In Deutschland kannst du nicht so einfach eine kleine legale Einnahmequelle eröffnen. Und der Unterschied zu denen, denen es dann richtig gut geht, die in teuren Klamotten herumlaufen, teure Autos fahren und mit ihrem vielen Geld die Wirtschaft des Landes zum blühen bringen ist extrem groß.

 

Neugierig wollte ich wissen, womit diese Menschen denn ihr Geld verdienen und wurde dann darüber informiert, dass dies fast immer selbstständige Menschen, z.B. Ärzte sind, Leute, die ein Fitnessstudio eröffnet haben in der Stadt, Immobilienmakler, Ingenieure mit guten Ideen, Besitzer von Baufirmen oder Autohäusern – naja und einiges würde ich sicher gar nicht wissen wollen :-).. ok das stimmte womöglich.

 

 

Aber ich schweife ab..

Cristina hat also angefangen zu arbeiten. Sie ist Fitnesstrainerin und somit mehrmals in der Woche für einige Stunden im nächst größerem Ort und trainiert die wenigen Menschen, die es sich leisten können. In der Zeit ist ihre kleine Tochter, wie sich das in Rumänien gehört, bei Oma Victoria. Klar ist natürlich, dass diese Zeit bei der Pflege der Tiere fehlt, die sie ja sonst tagtäglich dort verbracht hat. Victoria muss also trotz ihrer Krankheit noch den ganzen Tag schwer arbeiten.

 

Sie zeigten mir die reparierten Glashäuser, wo in einem großen Teil noch Pflanzen gezüchtet werden – allerdings nur noch Sukkulenten und Kakteen. Hier gibt es wunderschöne Exemplare und besondere Arten, die gern als Arrangements zusammengestellt werden. Diese verkauft ihr Mann nun fast täglich auf einem anderen Markt.

 

 

 

 

 

 

 

Nicu liebt es, morgens um 4 Uhr mit dem voll Blumenarrangements geladenen Lieferwagen zum Markt zu fahren, dort Menschen zu treffen und mit ihnen Gespräche und Verhandlungen zu führen. So hat jeder seine Stärken. Wenn er nach Hause kommt, ist es meist gerade Mittag. Dann stärkt er sich kurz, zieht die Arbeitskleidung an und repariert etwas, mäht das Gras des großen Anwesens mitten in den Hügeln so fern jeglicher Zivilisation, bessert Gehege aus oder baut neue. Ich glaube, es gibt nichts, was Nicu nicht kann. Manchmal hat er dabei Hilfe, aber das Meiste macht er allein.

 

An dem Morgen, als ich ihn begrüßte, war er gerade dabei, mit einem Bekannten eine LKW-Ladung Steine auf dem Weg zum Haus mit einem Bagger zu verteilen und platt zu drücken, da durch heftige Regenfälle ein paar Tage zuvor die Straße fast unpassierbar wurde, was natürlich noch erschwerend manchmal hinzukommt in so einer abgeschiedenen Gegend. Da interessiert es die Stadt natürlich nicht, wie die Straßenbegebenheiten sind, möchtest du da weiter langfahren können, musst zu zusehen, dass du dir den Weg reparierst und befahrbar machst.

Im nächsten Glashaus sah ich dann, das angebaute Gemüse – Tomaten, Gurken, Bohnen, Paprika, Peperoni, Zwiebeln, Salat, Kohl ... ich war begeistert. Veganer, die sich ihr Essen selbst anbauen. Harte Arbeit, um ein wenig Geld einzusparen, aber ich konnte mich von der spitzenmäßigen Qualität und des Geschmacks überzeugen und war ein bisschen neidisch – wenn auch nicht auf die harte Arbeit, die dahinter steckt.

 

 

 

 

Um noch mehr Geld einzusparen, haben sie eine kleine Solaranlage angelegt. Zumindest an Sonnentagen sparen Sie damit sehr viel Strom und - was ich absolut faszinierend fand - die Heizungsanlagen in ihren Häusern, so wusste ich, laufen mit Holz und mit Pellets.

 

 

Um noch mehr einzusparen, stellen sie mittlerweile ihre Pellets tatsächlich selbst her: Victoria zeigte mir wie. Dafür haben sie eine Pellet-Pressmaschine und verschiedene Materialien wie natürlich Holzspäne aus dem eigenem Holz von eigenem Baumbestand, Sonnenblumenkernspelzen, Stroh usw.

 

 

Ich erfuhr, dass Victoria an heißen Tagen wie im Sommer üblich, wo sie die Heizung nur für die Warmwasseraufberei- tung benötigen, ca. 15 kg Pellets verbrauchen.

 

 

 

Für diese Menge muss Victoria ca. 1,5 – 2 Stunden an der Pellet-Maschine stehen – wow! Das bedeutet aber auch weiter, dass im Winter pro Haus und Tag ca. 60 kg benötigt werden. Abermals war ich beeindruckt ob der harten Arbeit, dessen sie sich nicht scheuen, um in der heutigen Zeit gut über die Runden zu kommen und wie gut wir es in Deutschland eigentlich haben, wenngleich man auch ins Grübeln gerät, was jetzt eigentlich besser ist: In der Großstadt jeden Tag von 9 – 18.30 im Büro zu sitzen und sich dann hier mit Öl und Holz den Luxus zu leisten, nicht körperlich arbeiten zu müssen oder die Lebensweise meiner Freunde in Rumänien??

 

 

Also wenn ich ehrlich sein soll... Sie wirkten um Längen glücklicher als die meisten Menschen die ich in Deutschland kenne.

 

Mittags begleitete ich  Cristina auf ihrer täglichen Runde durch die Hundegehege und das Katzenhaus. Hier herrscht strikte Aufteilung: Ein Part wird von Victoria übernommen, der andere von Cristina. Jeden Tag säubert sie das Katzenhaus, reinigt die Näpfe, beschmust dabei sämtliche Tiere für ein paar Minuten und stellt neues Futter und Wasser bereit.

 

 

Es wird auch sofort festgestellt, wenn eines der Tiere auffällig wird – man kennt einfach seine Tiere und merkt, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Alle Tiere haben einen wunderbaren Draht zur Cristina, Victoria und Paula. Zu einigen Hunden bin ich nicht mit reingegangen, aber natürlich hab auch ich nicht anders gekonnt, als den einen oder anderen schon länger dort lebenden Schatz  nach so vielen Jahren persönlich zu beschmusen.

 

 

Auch hier erinnere ich mich noch an das erste Mal, als ich hierher kam. Wie ich vorab schon solche Angst hatte, dass ich nur weinen muss, wenn ich die Tiere hinter Gittern sehen muss, aber die Hunde und Katzen machen einen so glücklichen Eindruck. Klar wäre es schöner, sie könnten einfach frei herumlaufen, aber bei APAM sind immer nur 2-3 in einem Gehege zusammen, was mindestens 150 qm fasst. Die neuen Gehege, die unter anderen auch mit Hilfe  von Sunnydays for Animals und ihren Spender/innen gebaut werden konnten, haben richtige kleine Häuschen mit Decken oder Hundekörbchen, welche auf höchstem Niveau isoliert wurden. Diese Gehege werden alle in Eigenarbeit gebaut, da es in Rumänien leider schwierig ist, zuverlässige Mitarbeiter zu finden. Einzelhaltung gibt es nur die Ausnahmefällen bei denen, die so überhaupt nicht mit anderen können. Das kommt allerdings mur äußerst selten vor, die meisten sind wie gesagt zu Zweit oder zu Dritt untergebracht.

 

 

Es leben auch 2 kleine Ponys bei APAM. Die sind beide schon sehr, sehr alt und scheu, aber sie fühlen sich in ihrem Gehege wohl und sie dürfen dort einfach leben, ohne für die Menschen schwere Dinge zu tragen, bekommen ihr Futter und sind in Sicherheit.

 

 

 

Wenn man so den Blick über das Gelände schweifen lässt, fällt einem schon auf, dass es sich nicht nur bei den Gehegen sondern auch bei den Wohnhäusern um den absoluten Ausnahmestandard für Rumänien handelt.

 

 

Auch die Häuser wurden alle komplett selbst gebaut. Das Haus von Cristina oben auf dem Berg des Grundstückes haben ihr Mann, ihr Vater sowie die Brüder und Familienangehörige in ca. 7 Jahren gebaut. So entstand natürlich ein Haus, was hier in Deutschland (na wir sprechen mal nicht von Hamburger Verhältnissen) sicher für einen Gegenwert von einer halben Million haben wäre und für dessen Wert man man in Deutschland vielleicht eine 20 m² Wohnung bekommt.

 

 

Immer wieder bin ich begeistert, wie hart diese Familie arbeitet um sich ihren Lebensunterhalt so angenehm und günstig wie möglich zu gestalten. Davon könnten sich in Deutschland so viele (ich inbegriffen) eine dicke Scheibe abschneiden.

 

 

Ein Teil ihres Hauses hat Cristina nun als eigenständiges Apartment bei AirBnB eingestellt. Das kann man nun mieten, wenn man in Rumänien eine Unterkunft benötigt und es bleiben einrichtungsmäßig keine Wünsche offen. Man muss natürlich tierlieb sein, aber ansonsten hat man absolute Ruhe dort. Keinen Stress, keine Hektik – mitten in den Weinbergen umgeben von Füchsen, Rehen und Wildschweinen :-). Man kann wandern oder einfach auf der Terrasse sitzen und zwischendurch, wenn man möchte, Hunde und Katzen beschmusen. Eine tolle weitere Geschäftsidee wie ich finde und diejenigen, die schon dort waren, sind natürlich voll des Lobes. Die Unterkünfte, die in Rumänien sonst angeboten werden, spotteten dagegen regelmäßig jeder Beschreibung und sind ihr Geld nicht wert.

 

 

 

 

Ich als Hundemensch habe noch eine neue Erfahrung gemacht: Ich habe 6 Tage mit Katzen zusammengelebt. Natascha und ihre Kitten waren einfach nur bezaubernd. Ich habe sie ständig beobachtet und in Hinblick darauf, dass eines der Kitten ein angenommenes war, was Natascha sogar noch mehr umsorgte als ihre eigenen, war ich absolut erstaunt, dass so etwas möglich war. So eine tolle Mama! Ich versprach ihr, dass wir ihr zur Belohnung ein ganz tolles Zuhause suchen werden.

 

Nachts im Bett schlief dann Katze Feli bei mir – auch dies war eine Premiere aber eine angenehme natürlich.

 

 

 

Und natürlich musste ich auch meiner Lieblingsbeschäftigung, dem Welpen-durch-die-Gegend-tragen, nachkommen. Abermals wurde eine verletzte Hündin (wir nehmen an, sie wurde von ein paar anderen Hunden zusammengebissen) die kurz vor der Geburt ihrer Welpen stand, aufgenommen, medizinisch versorgt und sie erst einmal in Obhut genommen, damit sie ihre Welpen in Ruhe bekommen konnte.

 

 

Die kleinen waren jetzt noch sehr jung – hatten ihre Augen grad auf und da geht einem natürlich das Herz immer direkt auf.

 

 

Die Mama, die wir Sunny genannt haben, weil sie einfach ein Sonnenschein ist und eine wunderbare Hundemami, hat 4 gesunde Welpen - 3 Jungs und ein Mädel - zur Welt gebracht und wenn alles gut geht, werden wir für diese Schnubbels bald liebe Familien suchen, die ihr Leben gern mit einem dieser wunderbaren Geschöpfe teilen möchte.

 

Noch können wir nicht viel über den Entwicklungsstand sagen, aber sie wachsen natürlich nicht wild auf sondern eben auch täglich mit Kontakt zu Menschen, damit sie nicht zu unsicher werden und in ihrer Prägephase zumindest nicht alles falsch läuft. Defizite haben solche Welpen so fern ab jeglicher Zivilisation schon, aber sie werden dann noch jung genug sein, diese zu kompensieren. Vor allem, wenn hundeerfahrene Menschen sich ihrer hier annehmen, sollte das kein Problem werden.

 

 

 

Nach 6 Tagen musste ich dann wieder gen Flughafen und Heimwärts. Ich freute mich zwar auch auf meine Familie und meine beiden Hunde, aber ich muss zugeben, dass ich diese Tage sehr genossen habe, allein schon, weil ich aus meinem Alltagsstress hier in der großen Stadt mal rauskam. Fernab von all dem einfach so da sitzen auf dem Balkon, den vielen Hunden lauschen, wie sie sich gegenseitig ständig wieder anstachelten und bellten oder jaulten oder sie von da oben gar zu beobachten oder einfach mal nichts zu tun. Ich nenne das Entschleunigung pur.

 

 

Manche fahren nach Mallorca, andere gehen wandern in Tirol oder im Schwarzwald und ich? Ich fliege nach Rumänien ins Tierheim und komme tiefenentspannt wieder zurück!

 

 

Ich sage Danke für die abermals mehr als herzliche Aufnahme inklusive Verwöhnprogramm und Bekochen und den Einblick in das immer schwerer werdende, aber von ihnen super gemeisterte Leben, wo noch so viel Herz bleibt, den armen geschundenen Seelen Rumäniens eine kleine Hoffnung zu sein.

 

Nun gilt es, Zuhause in Deutschland wieder Pläne zu schmieden, wie es weiter geht.Den einen oder anderen Schützling tatsächlich herzuholen und für die anderen das Leben dort so angenehm wie möglich zu gestalten – sprich immer dafür zu sorgen, dass sie etwas zu essen haben, Wurmkuren und andere Parasitenbekämpfe,r und so nach und nach die letzten alten Gehege noch umzubauen in die modernen Anlagen mit den kleinen Häusern darauf.

 

 

Wir werden versuchen, die Vermittlung in ganz kleinem Rahmen wieder aufzunehmen.Nach wie vor ist es nicht unser Vorhaben alles von der Straße wegzuretten, aber wenn sie denn - aus welchen Gründen auch immer -, gerettet wurden, dann auch zu schauen, inwiefern eine Vermittlung möglich ist und wenn nicht, das Leben fortan bei APAM zu gewährleisten.

 

 

 

Dies alles geht natürlich nicht ohne Hilfe von all den Spender/innen, die immer an unserer Seite sind um diese Arbeit fortführen zu können.

 

 

Ich hoffe, ich konnte einen kleinen Einblick geben hinter die Kulisse zum Projekt APAM-Rumänien und die aktuelle Lage dort und ich hoffe, Ihr steht auch weiter hinter uns und helft uns dabei zu helfen.

 

Seit ich Cristina und Ihre Familie vor ca. 9 Jahren das erste Mal besucht habe und mich von allem Gegebenheiten selbst überzeugen konnte, bin ich davon überzeugt, dass es sich hier um Ausnahmetierschutz im Ausland handelt, der es absolut Wert ist, unterstützt zu werden!

 

 

 

 

(Nicola Decker)